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Chinesische Disziplin, kroatische Lockerheit, Schweizer Neutralität

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Lulu Sun ist die grosse Überraschung in Wimbledon. Als Qualifikantin steht sie nun als erste Neuseeländerin im Viertelfinal. Sie hätte diese Leistung auch für die Schweiz erbringen können.

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Lulu Sun feiert ihren Sieg gegen Emma Raducanu. © KEYSTONE/EPA/ADAM VAUGHAN

Ihre Coolness verliert Lulu Sun erst beim Siegerinterview auf dem mit 15'000 Zuschauern prall gefüllten Centre Court, dem berühmtesten Tennisplatz der Welt. Als sie über ihre Gefühle nach dem Sieg im Achtelfinal gegen die lokale Hoffnung Emma Raducanu Auskunft geben soll, bringt die 23-Jährige kaum einen Ton heraus und bricht immer wieder in Tränen aus.

Bei solch überwältigenden – und neuen – Emotionen hilft selbst das kroatische Blut in ihren Adern, das ihr gemäss eigener Aussage eine gewisse Gelassenheit geben soll, nicht mehr. Die anschliessende Medienkonferenz dauert so lang wie sonst nur bei den Topstars – und auch bei denen nur nach aussergewöhnlichen Spielen. Sun steht erstmals im internationalen Fokus und muss immer wieder ihren Hintergrund erklären. Alleine das dauert eine Weile, denn die Linkshänderin ist Multikulti pur.

Von Neuseeland über China in die Schweiz

Geboren in Te Anau, einem kleinen Ort auf der Südinsel Neuseelands (in Suns Worten «mehr Schafe und Hirsche als Menschen»), wo sie mit ihrer Mutter und Grossmutter lebte, zog sie nach ein paar Jahren nach Schanghai, wo sie den Kindergarten besuchte. Dann kam sie in die Schweiz, nach Founex im Kanton Waadt, weil die Mutter ihr eine erstklassige Ausbildung ermöglichen wollte. Bevor sie Profi wurde, studierte sie schliesslich an der Universität von Texas in Austin und machte während Corona ihren Abschluss in – was sonst – internationalen Beziehungen.

«Am Ende war ich nirgends sehr lange», meint Sun – ausgesprochen übrigens «Sunn», nicht wie das englische Sonne. Und fühlt sich deshalb überall irgendwie zuhause. Entsprechend hatte sie viele Optionen, für welches Land sie spielen wollte. Bei den Junioren und auch noch vergangenen Januar, als sie sich am Australian Open erstmals für das Hauptfeld eines Grand Slam-Turniers qualifizierte, startete sie für die Schweiz. Als es aber ernst wurde und sie sich für ein Team im Billie Jean King Cup entscheiden musste, fiel die Wahl auf Neuseeland.

Stärken aus vielen Kulturen

«Ich bin wirklich glücklich, dass ich so viele Kulturen und Hintergründe habe, aber hundert Prozent für einen entscheiden kann ich mich eigentlich nicht», stellt sie fest. «Von meiner chinesischen Mutter habe ich die Disziplin, mein Vater kommt aus Kroatien am Meer, von ihm habe ich eine gewisse Gelassenheit und Ruhe. Und von der Schweiz die Neutralität», meint sie lachend. Nachdem der Vater die Familie verlassen hatte, wechselte sie ihren Namen auch von Lulu Radovic zu Lulu Sun.

Der Nationenwechsel war dann ein rein rationaler. Zwar betonte Sun als Begründung auch, dass sie sich ihrem Geburtsland, in dem noch immer die Grosseltern leben, verbunden fühle und helfen wolle, das Tennis dort zu entwickeln. Am Ende konnte ihr Neuseeland aber einfach das finanziell attraktivere Angebot machen als Swiss Tennis. Zudem hoffte Sun vielleicht auch, sich so einfacher für Olympia qualifizieren zu können. Dafür kam ihr Erfolg nun allerdings zu spät, die Olympiaselektion erfolgte vor Wimbledon.

Erste Neuseeländerin im Viertelfinal

Am kommenden Montag wird Sun um rund 70 Plätze in die Top 60 vorstossen. Dabei muss es allerdings nicht bleiben, sie ist auch im Viertelfinal gegen die ungesetzte Kroatin Donna Vekic (WTA 37) nicht chancenlos. Für Neuseeland hat sie sowieso schon Tennisgeschichte geschrieben. Aus dem Land schaffte es noch nie eine Frau in die Wimbledon-Viertelfinals.

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