Die Ballon d'Or-Preisverleihung 2024 wird von einem Eklat überschattet. Die Königlichen aus Madrid boykottieren geschlossen die Veranstaltung - ein Akt, der keinen Interpretationsspielraum zulässt, meint Sky Reporter Sven Töllner.
War doch eigentlich klar. Sobald Cristiano Ronaldo und Lionel Messi nun wirklich - und beim besten Willen - nicht mehr für die Wahl infrage kommen, geht es drunter und drüber an der Seine. Nach 16 Jahren, in denen der Portugiese und der Argentinier die Wahl zum Weltfussballer des Jahres bis auf wenige Ausnahmen untereinander aufgeteilt hatten, war die Veranstaltung in Paris mit Ansage in den Schleudergang geschlittert.
Beleidigte Lederfürsten setzen Zeichen
Auf dem Rollfeld realisierten die REAListen, dass es den Ballon d'Or-Verantwortlichen ganz offenbar an Respekt vor den hochwohlbezahlten Fussball-Royals aus Madrid mangelt. Endstation bereits vor dem Abflug erreicht - alle aussteigen, bitte. Vereinzelte Gerüchte, die königliche Delegation um Klub-Boss Florentino Perez hätte noch vor Verlassen der Charter-Maschine im Kollektiv beleidigt auf dem Boden des Flugzeugs aufgestampft, konnten derweil nicht zweifelsfrei verifiziert werden. Angemessen wäre es gewesen. Denn schliesslich war es ja keineswegs so, dass einem Kind aus den eigenen Reihen im Sandkasten vorsätzlich das Schäufelchen entwendet worden war. Nein, die Sache ist ernst und wurde ruchbar, als die Herrschaften bereits die Sicherheitsgurte an ihren Ledersitzen festgezurrt hatten: Vinicius José Paixao de Oliveira Junior erhält den Ballon d'Or NICHT!
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Ein epischer Eklat, der nach einer historischen Vergeltungsmassnahme schreit. Den beleidigten Lederfürsten kann sich also nur eine einzige Frage gestellt haben: Was ist zu tun, wenn eine Wahl so unverblümt und offensichtlich mit gezinkten Zetteln zerrüttet worden ist? Das Capitol einnehmen? Nee, das war woanders. Den Elysée-Palast bespucken? Also, bitte - das wäre wenig königlich. Der Runde wurde zügig klar: Wir boykottieren! Die für Florentino, Vini, Carlo & Co. reservierten Row-Zero-Sitze im "Theatre du Chatelet" sollten demonstrativ leer bleiben - als unauslöschbarer Beleg für die beispiellose Entrüstung der Weltöffentlichkeit in die Geschichtsschreibung hineingestanzt werden. Die Essenz des eilig formulierten offiziellen Klub-Statements lautete folgerichtig: "Real Madrid ist nicht dort, wo sie nicht respektiert werden."
Perez und Co. sind schon längst abgehoben
Respekt ist übrigens eine Sache der Definition. Die Variante, die den Boykotteuren aus Madrid ganz offensichtlich vorschwebt, entstammt dem Duden und lautet: "Vor jemandem aufgrund seiner höheren, übergeordneten Stellung empfundene Scheu, die sich in dem Bemühen äussert, kein Missfallen zu erregen." Das Selbstverständnis der selbstgefälligen Fussball-Könige lässt derweil keinerlei Interpretationsspielraum zu: Perez und dessen Mitstreiter brauchen keinen Charterflug, um klar und deutlich zu belegen, dass sie schon längst abgehoben sind.