Der Ex-Boss des spanischen Fussballverbandes wird der sexuellen Aggression beschuldigt. Ihm droht eine lange Haft. Der Mann zeigt aber keine Regung.
Luis Rubiales verfolgte die erschütternden Aussagen zum Auftakt des Prozesses im spanischen Kuss-Skandal von der Anklagebank mit steinerner Miene. Auch als Fussball-Weltmeisterin Jennifer Hermoso erzählte, der unfreiwillige Kuss nach dem Finale der Frauen-WM 2023 habe bei ihr "Ekel und Abscheu" ausgelöst und "einen der glücklichsten Tage meines Lebens überschattet" gab es keine Regung vom früheren spanischen Verbandsboss, wie Reporter vor Ort berichteten.
Das mutmassliche Opfer, Weltmeisterin Jennifer Hermoso, bekräftigte vor dem Staatsgerichtshof in Madrid am Montag nicht nur, dass sie damals bei der Siegerehrung in Sydney von Rubiales gegen ihren Willen auf den Mund geküsst worden sei. Sie beklagte auch einen wahren Spiessrutenlauf sogar mit Todesdrohungen in den Tagen und Wochen nach dem Finalsieg ihres Teams über England (1:0).
Rubiales drohen mehrere Jahre Gefängnis
Der Hauptangeklagte Rubiales wird der sexuellen Aggression und der Nötigung beschuldigt. Dem 47 Jahre alten Ex-Profi droht eine mehrjährige Haftstrafe. Mitangeklagt sind wegen Nötigung drei weitere ehemalige Verbandsmitarbeiter. Rubiales beteuerte bisher stets seine Unschuld und spricht von einem einvernehmlichen Kuss.
Hermoso antwortete sicher und mit fester Stimme auf Fragen sowohl der Ankläger als auch der Verteidigung. Sie versicherte, sie sei in den Tagen nach der WM von Rubiales und damaligen Verbandsmitarbeitern unter Druck gesetzt worden, damit sie die Sache herunterspielt und Rubiales nicht beschuldigt.
Am meisten erschütterten aber die Worte von Hermoso über das lange Leiden, das sie aufgrund des Skandals ertragen musste. "Vor meinem Haus standen rund um die Uhr Kameras, Menschen verfolgten mich auf der Strasse und machten Fotos von mir, eine Zeit lang hatte ich Angst, auf die Strasse zu gehen", berichtete die 34 Jahre alte Stürmerin, die aktuell für Tigres Feminil in Mexiko spielt. Sie habe zudem Todesdrohungen erhalten und irgendwann den Entschluss gefasst, "mit der ganzen Familie Madrid zu verlassen".
Kuss liess WM-Sieg schnell in den Hintergrund rücken
Der Skandal überschattete im August 2023 den WM-Triumph der Spanierinnen. Im Zuge der Affäre trat Rubiales wenig später als Chef des Nationalverbandes RFEF zurück. Er wurde anschliessend unter anderem vom Weltverband FIFA für drei Jahre gesperrt. Rubiales hat alle Vorwürfe mehrfach und bis zuletzt zurückgewiesen. Er und die restlichen Angeklagten sollen vom 12. Februar an gehört werden. Die mündliche Verhandlung läuft bis zum 19. Februar. Die Verkündung des Urteils wird erst nach einigen Tagen oder Wochen erwartet.
Neben Rubiales nahmen im Madrider Vorort San Fernando de Henares Ex-Frauen-Nationaltrainer Jorge Vilda, der frühere RFEF-Sportdirektor Albert Luque sowie der ehemalige Marketingchef des Verbandes, Ruben Rivera, auf der Anklagebank Platz. Die Staatsanwaltschaft fordert für Rubiales zweieinhalb Jahre. Er soll das Opfer zudem mit 50.000 Euro entschädigen. Für jeden der drei Mitangeklagten werden eineinhalb Jahre Haft gefordert. Haftstrafen bis zu zwei Jahren werden in Spanien allerdings in der Regel zur Bewährung ausgesetzt.