Aufsteiger nicht willkommen: Das Schweizer Eishockey und die Quadratur des Kreises
Sonntagabend, Patinoire des Mélèzes in La Chaux-de-Fonds. 5'225 Zuschauer drängen sich in die altehrwürdige Eishalle. Auf dem Eis spielen der heimische HCC und die GCK Lions um den Meistertitel in der Swiss League. Eine tolle Kulisse für eine eigentlich tolle Affiche - von der ausserhalb des Neuenburger Juras trotzdem kaum jemand Notiz nimmt.
Der Grund: Das Meisterschaftsfinale in der zweithöchsten Liga des Landes hat dieselbe sportliche Bedeutung wie ein Vorbereitungsspiel im August – nämlich keine. Das ist die fragwürdige Konsequenz einer Entwicklung im Schweizer Eishockey, die finanzielle Motive und Sicherheiten höher gewichtet als den sportlichen Wettbewerb.
Dabei steht genau dieser im Zentrum des zeitgemässen und auch finanziell erfolgreichen Spitzensports als Teil der modernen Unterhaltungsindustrie. Gefragt sind Sieger und Verlierer, möglichst unvorhersehbar und mit der grösstmöglichen Konsequenz – nicht das, was aktuell in der Swiss League oder im ersatzlos gestrichenen NL-Playout (nicht) geboten wird. Nicht ohne Grund stärken Ligen wie die NHL den maximalen sportlichen Wettbewerb mit gezielten künstlichen Eingriffen (Draft, Salary Cap, etc.), während man sich am Verhandlungstisch (Stichwort Zentralvermarktung) eher solidarisch verhält.
Und bei uns? Da passiert in den letzten 15-20 Jahren eher das Gegenteil. In einem Land, in dem der Eishockeysport öffentlich-medial so gut verankert ist, wie sonst möglicherweise nur in Kanada, stehen in erster Linie die Pflege des eigenen Gärtchens sowie die Angst vor dem Verlust im Vordergrund. Insbesondere wenn es darum geht, die Durchlässigkeit zwischen der höchsten und zweithöchsten Schweizer Spielklasse im Sinne des sportlichen Wettbewerbes aufrecht zu erhalten.
Der Aufstieg als Mission Impossible
So muss ein ambitionierter Swiss Ligist mittlerweile mehrere Hürden (sportlicher, finanzieller und infrastruktureller Art) überspringen, um den Aufstieg realisieren zu können. Scheitert er auch nur an einer, ist der grosse Traum geplatzt. Eine enorme Herausforderung, die seit dem Entscheid, die National League auf 14 Teams auszuweiten, noch einmal grösser geworden ist. Und eine wenig verheissungsvolle Perspektive für eine Liga, die durch die Aufstockung ohnehin ausgedünnt und durch den Rückzug des SC Langenthal eines weiteren Zugpferdes beraubt wurde.
Dazu passt, dass dem HC La Chaux-de-Fonds, noch im Vorjahr Teilnehmer der Ligaqualifikation, in diesem Jahr keine Aufstiegsberechtigung erteilt wurde – aufgrund schärferer Kriterien und der unbefriedigenden infrastrukturellen Situation in der 71-jährigen Mélèzes. Somit verblieben mit Visp und Olten mitten in der Saison noch zwei potentielle Aufstiegskandidaten, welche aber beide vor dem Swiss-League-Meistertitel – der ursprünglichen Qualifikationshürde auf dem Weg in die National League – scheiterten.
Natürlich, sehr wahrscheinlich verfügen aktuell weder Olten noch Visp über das geforderte Format, um in der National League zu spielen. Aber genau hier liegt der Hund auch begraben: Diese Diskrepanz hat man im Schweizer Eishockey bewusst in Kauf genommen, als man sich entschied, die NL auf 14 Teams aufzustocken. Würde die Beletage wieder auf zwölf Teams reduziert oder würde man sogar mit zwei Zehnerligen operieren, hätte die Swiss League durchaus das Potential, sich wirtschaftlich und sportlich wieder der National League anzunähern, was gleichzeitig den Schock eines Abstiegs abfedern würde. Aber das würde bedeuten, dass sich die Klubs an der Spitze der Schweizer Eishockey-Pyramide wieder der Gefahr und dem Druck des Scheiterns aussetzen müssten. Ein Schritt, zu dem man aktuell nicht bereit ist.