Aufgefallen: Der 27. Spieltag in der Credit Suisse Super League
Servette siegt nur noch, Lugano und Basel kaum mehr und in den hinteren Tabellenregionen gewinnt jeder, nur halt nicht zweimal hintereinander. Unser Rückblick auf das Fussball-Wochenende in der höchsten Schweizer Spielklasse.
Jeder Moment zählt
Vielleicht ist der FC Winterthur (27/20) aktuell auch deshalb ganz am Ende der Super-League-Tabelle anzutreffen. Denn fast immer wenn es darum geht, ein Spiel mit einer oder zwei Aktionen in erfolgsversprechende Bahnen zu lenken, sind es die Eulachstädter, die das kürzere Streichholz ziehen. So auch am Samstagabend in Yverdon, als sich der FCW in einer Partie, die immer stärker in seine Richtung kippte, kurzerhand selbst ein Bein stellte. 66 Minuten war im Stade Municipal beim Stand von 1:1 (Tore durch Marley Ake und Luca Zuffi) nämlich gespielt, als Tobias Schättin nach einem ebenso unüberlegten wie fahrlässigen Einsteigen tief in der Waadtländer Platzhälfte die rote Karte sah. Anstatt weiterhin auf das Führungstor und drei eminent wichtige Punkte zu drücken, ging es für Winterthur fortan nur noch darum, wenigstens den einen Punkt zu sichern. Und natürlich misslang auch diese Mission denkbar unglücklich. 95 Minuten waren nämlich bereits gespielt, als Moussa Baradji mit der letzten Aktion des Spiels doch noch der Siegtreffer für das Heimteam (27/28) gelang. Acht anstatt nur fünf Punkte Vorsprung im Abstiegskampf und parallel dazu der Sprung auf Platz 10 in der Tabelle - viel mehr Lohn hätte sich Yverdon-Sport an diesem Abend kaum erträumen können.
Festung Wankdorf
Mittlerweile ist die Gleichung ebenso vorhersehbar, wie eindeutig: Steht ein YB-Heimspiel an, darf man sich im Lager des Titelverteidigers auf die drei nächsten Punkte freuen. Denn mit ebenso schöner Regelmässigkeit, wie es derzeit in fremden Stadien nicht klappt, sichern sich die Berner im heimischen Wankdorf die Punkte. Gegen Lausanne-Sport zum vierten Mal in Folge und zum neunten Mal in den letzten zehn Auftritten. Dank dem 3:0 (Torschützen Ebrima Colley und zweimal Chris Bedia) überholten die Young Boys (40 Punkte) auch Konkurrent Lausanne und grüssen neu wieder von einem Platz über dem Strich. Den sehen die Waadtländer (27/37) derzeit nur von unten, die logische Konsequenz einer bislang alles andere als geglückten Rückrunde. Nur sieben Punkte konnte das SL-Team des Spätherbstes seit dem Wiederbeginn Ende Januar erspielen, viel zu wenig, um den zwischenzeitlich gesicherten Platz in der Championship Group zu verteidigen. Immerhin: Noch ist nicht aller Tage Abend. Sechs Runden vor dem Stichtag trennen Lausanne ganze zwei Teams und Punkte von einem Platz in den Top 6.
Überschattet
Es waren zwei wunderbare Tore durch Willem Geubbels (15.) und Christian Witzig (66.), die dem FC St. Gallen (27/39, Rang 6) zumindest die zahlenmässige Differenz beim 3:1 Heimsieg gegen die Grasshoppers sicherten. Doch geredet wurde nach dem Spiel fast nur von zwei Entscheidungen von Schiedsrichter Anojen Kanagasingam, welche die Partie bis zur 57. Minute in für die Ostschweizer sehr vorteilhafte Bahnen lenkten. Erst verwies der Berner GC-Captain Amir Abrashi in der 22. Minute nach einem umstritten Zweikampf mit FCSG-Stürmer Chadrac Akolo des Feldes. Dann, die Hoppers hatten in der Zwischenzeit per Elfer ausgeglichen, taxierte Kanagasingam eine Intervention von Saulo Decarli als elfmeterwürdig. Der GC-Verteidiger hatte in der 57. Minute erst den Ball gespielt, im Anschluss aber auch den heranstürmenden Bastien Toma getroffen. Doppelpacker Geubbels sagte Danke und sorgte mit dem zwischenzeitlichen 2:1 für viel Erleichterung bei den Grün-Weissen. Auf der anderen Seite hätte der Abend Für GC kaum schlechter verlaufen können. Nicht nur, dass die Zürcher (26 Punkte) wieder auf Rang 11 abrutschten. Im nächsten Heimspiel gegen den FC Sion wird der Rekordmeister zudem auf die gesperrten Leistungsträger Justin Hammel, Ayumu Seko, Saulo Decarli und Amir Abrashi verzichten müssen.
Meisterlich
Drei Tore aus vier Schüssen aufs Tor. Drei Tore aus 38% Ballbesitz und abermals drei Punkte im fünften Spiel hintereinander. Keine Frage, der Servette FC ist der derzeit das Super-League-Team der Stunde. Gestern Sonntag siegten die Grenats zum zweiten Mal in den letzten drei Wochen im Letzigrund und profitierten dabei auch von jener Portion Glück, die ein möglicher Meister hin und wieder benötigt. Denn wer weiss wie ihr Gastspiel beim in der zweiten Hälfte besseren FCZ ausgegangen wäre, hätte der VAR in der 53. Minute das Handspiel von Jean-Philippe Gbamin auf Höhe der Mittellinie nicht nachträglich geandet und so den 2:2 Ausgleich durch Rodrigo Conceicao annulliert? Drei Minuten nach dem Zürcher Anschlusstreffer durch Damienus Reverson hätte das die Partie womöglich komplett gekippt. So aber blieb es bei der knappen Genfer Führung durch Stevanovic (8.) und Crivelli (43.), welche der neue Tabellenführer (48 Punkte) im Anschluss mehr schlecht als recht über die Zeit rettete, ehe Alioune Nodye (95.) tief in der Nachspielzeit für die endgültige Entscheidung sorgte. Bitter für die Zürcher (27/39), die so nicht nur die Partie sondern vorderhand auch ihren Platz unter den Top 6 verloren. Vor dem wegweisenden Duell mit dem FC Luzern steht der FCZ nurmehr auf Rang 7.
Befreiungsschlag
Gebraucht hätten ihn beide, angesichts von zusammengerechnet nur gerade einem Sieg aus den letzten sechs Ligapielen. Gelungen ist der Befreiungsschlag schliesslich den Wallisern, die dem FC Lugano beim 2:1 im Tourbillon die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge beibrachten. Drei davon erfolgten in der Super League, wodurch der einstige Leader aus dem Tessinn (27/42) innerhalb von wenigen Wochen den Anschluss an die Tabellenspitze verpasst hat. Lagen die Bianconeri noch nach 22 Runden mit fünf Punkten vor dem aktuellen Leader aus Genf, trennen sie heute sechs Punkte von den Grenats, ein schier unglaublicher Turnaround innerhalb von nur fünf Spielen. Immerhin erzielten die Luganesi nach zuletzt vier zu-Null-Niederlagen wieder einmal ein Tor (Anto Grgic per Elfmeter), gegen die Tore von Benjamin Kololli (3.) und Gora Diouf (63.) war das aber zu wenig, um am Ende mindestens einen Punkt in die Sonnenstube mitnehmen zu können. Und während Lugano den Tritt irgendwie wieder finden muss, sieht die Welt beim FC Sion nach dem zweiten Sieg der Rückrunde bereits wieder deutlich besser aus. Vor dem wegweisenden Auswärtsspiel bei GC beträgt der Vorsprung der Walliser (27/33) auf die Zürcher satte sieben Punkte.
Kein Shaq, kein Sieg
Und sie haben es wieder getan. Zum zweiten Mal innert drei Spieltagen hat der FC Basel einen Big Point auf fremden Terrain in der Schlussphase einer Partie verspielt, erneut ohne den bereits ausgewechselten Captain Xherdan Shaqiri. Anders als noch in St. Gallen, blieb Shaq (muskuläre Probleme) gestern In Luzern allerdings schon zur Pause in der Kabine – mit vergleichbarem Effekt. Denn mit dem 125-fachen Internationalen ging beim FCB auch die Souveränität flöten, mit welcher die Bebbi die Partie in der ersten Halbzeit kontrolliert hatten. Einziger Schönheitsfehler: Mehr als Bénie Traorés 0:1 (41.) schaute bis zur Pause nicht heraus, was sich in der zweiten Hälfte rächen sollte. Nach einem leichtfertigen Ballverlust von Anton Kade war es schliesslich Luzern-Verteidiger Stefan Knezevic, der die Zentralschweizer in der 78. Minute für ein starke, weil aktive Halbzeit mit dem 20. FCL-Saisontreffer in der Schlussviertelstunde belohnte. Ein Punkt, der für die Leuchten (Rang 3 mit 44 Punkten) mehr moralischen als tabellarischen Wert haben dürfte, während sich die Basler (27/46) an der Tabellenspitze von Servette verdrängen lassen mussten. Weil sie von den letzten fünf Partien nur eine gewinnen konnten, aber auch, weil sie auswärts derzeit nicht dazu in der Lage sind, eine Führung ohne ihren Captain und Führungsspieler souverän nach Hause zu spielen.