Aufgefallen: Der 14. Spieltag in Credit Suisse Super League
Vielleicht sollte man die Berner Young Boys doch noch nicht abschreiben. Immerhin taten fünf ihrer sechs grössten Konkurrenten im Meisterschaftsrennen alles, um den Bernern neue Hoffnung zu geben. Unser Rückblick auf das vergangene SL-Wochenende.
Ernüchterung hier, Auferstehung da
90 Minuten können in der Wahrnehmung zweier Teams manchmal ganz schön viel verändern. So geschehen auf der Winterthurer Schützenwiese, wo der heimische FCW den FC Lausanne-Sport am Samstagabend mit 1:0 (Torschütze Fabian Frei in der 51. Minute) besiegte. Jenes Winti, dass überhaupt erst zum dritten Mal in dieser Spielzeit (und zum ersten Mal seit Anfang Oktober) einen Vollerfolg feiern durfte. Und ja, jenes Lausanne, dass zuletzt vier Spiele in Folge zu Null für sich entschieden hatte. Doch der Sieg der Eulachstädter war nicht nur verdient, sondern zudem auch von kapitaler Bedeutung. Plötzlich steht man in Winterthur (14/11) nämlich nicht mehr auf Platz 12 der Tabelle, sondern bekommt im ersten Spiel nach der Länderspielpause direkt die Gelegenheit, Tabellennachbar GC noch tiefer in die Krise zu katapultieren. Auf der anderen Seite verpassten die Waadtländer nicht nur eine grosse Chance auf die nächsten drei Punkte, sondern liessen dabei die speziell intern verstärkt geforderte Winnermentalität vermissen. Und das sollte den Lausannois (14/20) am Ende des Tages fast noch mehr zu denken geben, als die verpasste Gelegenheit, sich in der oberen Tabellenhälfte festzusetzen.
Tor! Tor! Tor!
Die beste Offensive der CS Super League? Die ist in dieser Saison immer deutlicher am Rheinknie zu Hause, wo der FCB den Gegnern mittlerweile mit schöner Regelmässigkeit die defensiven Limiten aufzeigt. 35 Mal traf Basel in dieser Saison bereits ins Schwarze (neunmal mehr als der erste Verfolger) und auch Samstag beim 4:1 in Yverdon liessen die Bebbi nichts anbrennen. Unterstützt von einer frühen roten Karten gegen den Gastgeber (Anthony Sauthier, 19.) benötigte der FCB im Anschluss knappe 30 Minuten, um dank Toren von Dominik Schmid (30.), Bénie Traoré (45. +1) und Leon Avdullahu (51.) den Deckel auf den fünften Erfolg in den letzten sechs Spielen zu machen. Dabei besonders wertvoll: Mit Traoré (vier Tore in den letzten vier Spielen) und Kevin Carlos (fünf Tore in letzten fünf Spielen, inkl. dem 4:0 gestern), verfügt Basel mittlerweile wieder über zwei für SL-Verhältnisse überdurchschnittliche und physisch starke Knipser. Davon können die Waadtländer auf der Gegenseite aktuell nur träumen. Seit den überraschenden Erfolgen gegen Lugano und Luzern tauchte Yverdon drei Mal in Serie deutlich und hat den Anschluss an die Top 7 verloren. Die 15 Punkte aus 14 Spielen sind aktuell gut genug für Rang 10, während der FCB neu vom zweiten Tabellenplatz grüsst.
Überbewertet
Cupsieger Servette als aktueller Tabellenvierter? Eher nicht. Oder der Tabellenzweite aus Zürich mit der besten Defensive der Liga? Ebenfalls nicht. Nein, wenn das Prädikat «überbewertet» am späten Samstagabend in Genf auf irgendetwas zutraf, dann auf die Bedeutung bestimmter Statistiken wie z.B. den Wert der zu erwartenden Tore (xG-Wert) oder die Anzahl Abschlüsse. Elf zählte die Statistik nämlich bis zur Halbzeit auf Seiten der Grenats, nur einen einzigen auf Seiten des FCZ. Und dennoch verkündete die Anzeigetafel im Stade de Genève nach 45 Minuten unbeirrt: Servette 1, Zürich 1 (Tore durch Bledian Krasniqi und Timothé Cognat). So trennten sich die beiden Klubs auch am Ende des Spitzenspiels der Runde, nach einer Partie, die zwar nur selten hochklassig, dafür stets spannend und intensiv geführt wurde. Und dass sich am Ende keines der beiden Teams drei Punkte in die Tasche stecken konnte, lang nicht zuletzt an FCZ-Keeper Brecher und SFC-Verteidiger Tsunemoto, die die jeweils besten Torchancen der Gegenseite z.T. in Extremis zu Nichte machten. So blieb es schlussendlich bei der Punkteteilung, die vor allem Eines garantierte: Fortlaufende Hochspannung an der SL-Tabellenspitze, an der sich auch nach der Länderspielpause fünf Teams innerhalb von nur vier Punkten bewegen.
Es kann nur einen geben
Gewiss, Thibault Klidjé hätte es sein können. Immerhin gab der Togolese des FC Luzern mit seinem Doppelpack (49. und 59.) eine starke Visitenkarte ab. Aber zum inoffiziellen Titel des Spielers des Spiels reichte es dennoch nicht. Denn schliesslich stand da auf der anderen Seite ein gewisser Ilyas Chouaref, der den Wallisern beim 4:2-Heimsieg mit drei Skorerpunkten fast im Alleingang zum ersten Vollerfolg seit dem 10. August verhalf. Für Klidjé und die Zentralschweizer besonders bitter: Beim entscheidenden 3:2 nach knapp einer Stunde konnte der Franzose auf die Unterstützung von FCL-Schwede Jesper Löfgren zählen, der die Kugel grosszügig in den eigenen Maschen versenkte. Ein einfacher oder sogar dreifacher Punktgewinn für Luzern wäre wohl auch des Guten zu viel gewesen – zu schwach agierten die Leuchten über weite Strecken der Partie. Aber dank 15 starken Minuten nach der Pause und Walliser Chancenwucher in der Schlussphase konnte die Mannschaft von Trainer Mario Frick bis fast zum Schlusspfiff auf ein zählbares Ergebnis hoffen. Vergebens. Mit Chouarefs zweitem Treffer in der 89. Minute war die Messe endgültig und zugunsten des Aufsteigers gelesen. Dieser rückte dank den drei Punkten wieder etwas näher an den Strich (14/17), während Luzern die Chance verpasste, zu den absoluten Spitzenteams aufzuschliessen. Mit 22 Punkten verbleibt der FCL zur Natipause auf Rang 5.
Versteckspiel
Wer ihn suchte, dürfte ihn wohl bis jetzt nicht gefunden haben. Den guten Fussball, den ein Super-League-Duell dann und wann zu bieten versteht. GC und St. Gallen waren gestern Nachmittag auf jeden Fall nicht dazu in der Lage, den knapp 6'000 Zuschauern im Letzigrund eine packende Darbietung auf den Rasen zu zaubern. Zumindest den Ostschweizer konnte dies aber bereits Sekunden nach dem Abpfiff herzlich egal sein, waren sie es doch, die nach 90 wenig erquickenden Minuten das bessere Ende für sich behielten. Mit 2:1 (Tore durch Abdoulaye Diaby, Lukas Görtler sowie GCs Giotto Morandi) holte sich Grün-Weiss zum ersten Mal nach acht vergeblichen Anläufen den Dreier und stürzte den Rekordmeister damit noch tiefer in die Krise. Doch wer mit so wenig Überzeugung und Esprit spielt, Woche für Woche ungenügend verteidigt und just vor einem kapitalen Spiel gegen einen angeschlagenen Konkurrenten noch das Gefühl hat, es sei eine gute Idee, dafür auf ein interimistisches Trainer-Greenhorn zu setzen, verdient möglicherweise auch gar nichts anderes, als Tabellenrang 12. Dort sind die Grasshoppers mittlerweile angelangt (14/9), während sich der FCSG nach der Länderspielpause als neuer Tabellensechster (14/20) den nächsten Aufgaben widmen darf. Möglicherweise sitzt dann auf der GC-Bank ein alter Bekannter, den man rund um den Kybunpark noch bestens in Erinnerung haben dürfte: Peter Zeidler, der sich das Spiel dick verpackt im Stadion zu Gemüte führte. Augenscheinlich wollte auch er sich am liebsten verstecken.
Shootout
Beim dritten Mal ging es schliesslich schief. Bereits zweimal hatten YB und Lugano im Direktduell von gestern Sonntag vom Elfmeterpunkt getroffen, als sich Shkelqim Vladi in der 94. Minute daran machte, den Tessinern mit dem zweiten Penalty das späte 2:2 und damit einen nicht mehr unbedingt erwarteten, dafür umso wichtigeren Punkt zu sichern. Der in der 59. Minute eingewechselte Stürmer lief an, hielt voll drauf und knallte das Spielgerät knapp über den Berner Torbalken. Das Wankdorf tobte, Renato Steffen schäumte und die Young Boys gewannen zum dritten Mal im vierten Meisterschaftsspielen unter Interimstrainer Joël Magnin. Die Belohnung: Mit neu 16 Punkten kommen die Top 6 für den Titelverteidiger so langsam wieder in Sichtweite (noch vier Punkte Rückstand), während der Abstand ans Tabellenende mittlerweile sieben Punkte beträgt. Mit ziemlicher Sicherheit eine Erleichterung für Gelb-Schwarz, dass nach den gestrigen Toren von Cedric Itten (11. per Elfmeter) und Alan Virginius (76.) gar vorsichtig wieder nach ganz oben schielen kann. Dort steht nach der Niederlage gestern nicht mehr der neu drittplatzierte FC Lugano (25 Punkte), wobei sich die Tessiner über eine andere Tatsache deutlich mehr ärgern dürften: Die verpasste Chance, den gestrigen Kontrahenten trotz gelb-roter Karte gegen Hadj Mahmoud (88.) auf relativ billige Art und Weise auf Distanz gehalten zu haben.