Borussia Dortmund steckt in der Krise, Trainer Nuri Sahin steht im Fokus, die Probleme sind vielschichtig. Sky Experte Lothar Matthäus wirft in seiner Kolumne einen Blick auf die Entscheidungsträger und die Transferpolitik des BVB. Eintracht Frankfurt sieht er als positives Gegenbeispiel.
Die erfolgreichen Zeiten unter Jürgen Klopp sind lange vorbei. Seit zwei, drei, vier Jahren ist Borussia Dortmund sportlich nicht mehr unbedingt die zweite Kraft in Deutschland. Dortmund war zwar 2023 Vizemeister und hat im vergangenen Jahr das Finale der Champions League erreicht, aber andere Vereine haben aufgeholt oder sind vorbeigezogen.
Aktuell ist der BVB nur Zehnter, während Eintracht Frankfurt auf Platz drei steht. Auch bei Transfers hat die Eintracht die Nase vorn. Markus Krösche hat ein sehr gutes Netzwerk und den richtigen Riecher, wie im Sommer 2023 bei Omar Marmoush.
Krösche kann keine Alleingänge machen, aber er geniesst volles Vertrauen. Er macht die Vorschläge, bespricht sich mit Trainer Dino Toppmöller und der Verein schaut, ob es wirtschaftlich passt oder nicht. An der sportlichen Seite wird Axel Hellmann nicht zweifeln.
BVB: Schwergewichte mit unterschiedlichen Meinungen
Frankfurt ist das Gegenteil von Dortmund. Dort müssen Transfers von vier oder fünf Personen abgenickt werden, bevor sie über die Bühne gehen. Doch umso mehr mitsprechen, desto komplizierter ist es.
In der Dortmunder Führungsetage sitzen Leute wie Lars Ricken, Sebastian Kehl und Matthias Sammer, die erfolgreich für den BVB gespielt haben. Allesamt Schwergewichte mit unterschiedlichen Meinungen. Dazu ein Sven Mislintat, der sich mit seiner Meinung nicht zurückhält.
Beim FC Bayern gab es in der Vergangenheit zwar bei Trainerfragen mal unterschiedliche Meinungen, aber bei den Spielern waren sich die Verantwortlichen immer ziemlich einig.
Dortmund hat vor einigen Jahren Transfer-Coups wie die von Erling Haaland und Jude Bellingham gelandet. Doch solche Spieler gibt es zurzeit nicht. Aber Marmoush war auf dem Markt, und wenn der BVB zur gleichen Zeit wie die Eintracht ein Angebot gemacht hätte, wäre er vielleicht nach Dortmund gegangen. Jetzt geht der Ägypter zu Manchester City.
Krösche hat seine Hausaufgaben gemacht
Es ist ein verständlicher Wechsel. Nicht nur wegen der Summe, die Frankfurt kassiert, sondern weil Marmoush die Chance hat, bei einem der grössten Vereine der Welt zu spielen. Kolo Muani hat sich seinerzeit weggestreikt, er braucht nicht mehr nach Frankfurt zu kommen. Marmoush würde, sollte es bei ihm in Manchester nicht klappen, von den Eintracht-Fans genauso herzlich empfangen werden, wie sie ihn am Freitag verabschiedet haben.
Ich bin auch überzeugt, dass Markus Krösche einen geeigneten Nachfolger finden wird. Krösche denkt weitsichtig, er hat sicher seine Hausaufgaben schon erledigt.
Dadurch zeigt Frankfurt Stärke
Was mir auch gefällt: In Frankfurt wird nicht lamentiert, wenn ein Spieler wegwill. Es gibt kein Rumgeeiere, es herrscht sofort Klarheit. Bei Marmoush hat man ein bestimmtes Preisschild verhängt und auch bei Kolo Muani hat man im Sommer 2023 das bekommen, was man gewollt hat - und was PSG am Anfang nicht zahlen wollte.
Durch das klare Handeln und durch die Tatsache, dass nicht zu viele Leute bei Entscheidungen mitreden, zeigt der Verein Stärke.
Anders der BVB. Die Ergebnisse stimmen nicht, es dringen Dinge nach aussen, die diskutiert werden und die für Unruhe sorgen.
Nicht nur Marmoush war ein Top-Transfer
Frankfurt kann in Ruhe arbeiten. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Eintracht unter den Top 4 etabliert, wenn die Konstellation so bleibt und Krösche weiterhin diese Perlen auf dem Transfermarkt findet.
Doch nicht nur Marmoush, auch Arthur Theate und Rasmus Kristensen waren Top-Transfers. Ansgar Knauff und Nnamdi Collins kamen aus Dortmund, und in Mario Götze ist ein ehemaliger BVB-Star in Frankfurt aufgeblüht.
Warum hat man diese Spieler in Dortmund gehen lassen und in Frankfurt funktionieren sie? Auch darüber sollte man sich beim BVB einmal Gedanken machen.
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