«Am Ende schauen wir nur auf uns und dass wir unser Ziel erreichen»
Als Junior spielte Miro Muheim beim FC Zürich und im Nachwuchs von Chelsea. Der Sprung in den Spitzenfussball gelang ihm in St. Gallen. Seit Sommer 2021 steht der 26-jährige Aussenverteidiger beim Hamburger SV unter Vertrag und träumt vom Aufstieg in die Bundesliga – und der Schweizer Nati.
Sie spielen bereits Ihre dritte Saison beim HSV und fühlen sich da ganz offensichtlich wohl…
Miro Muheim: Das ist auf jeden Fall so!
2021 haben Sie von St. Gallen nach Hamburg gewechselt. Wie leicht ist es Ihnen gefallen, sich im hohen Norden einzuleben?
Es ist ziemlich schnell gegangen, ich wurde im Verein sehr gut aufgenommen Ein Klubwechsel ist natürlich nie ganz einfach, gleichzeitig hat mir aber geholfen, dass ich schon vorher Auslandserfahrung sammeln konnte. So habe ich mich in Hamburg sehr schnell wohlgefühlt.
Was waren sportlich und menschlich die grössten Unterschiede zur Schweiz und zu England, wo Sie zuvor jahrelang im Nachwuchs von Chelsea gespielt haben?
Grundsätzlich ist es so, dass der HSV viel stärker im Fokus steht, so dass man auch mehr Druck spürt als in St. Gallen oder der Schweiz generell. Man merkt, dass viele Fans unbedingt wollen, dass der HSV endlich wieder in die Bundesliga zurückkehrt. Das ist schön, die Unterstützung ist riesig, aber wie gesagt ist auch der Druck grösser.
Und neben dem Platz?
Da war die Umstellung nicht sehr gross, fiel mir das Einleben leicht. Es besteht kein riesiger kultureller Unterschied zur Schweiz. Zudem ist Hamburg eine mega coole Stadt, die extrem viel zu bieten hat. Und die Menschen sind sehr offen.
Sechs Runden vor Schluss der Saison liegt der HSV in der 2. Bundesliga auf Rang 4. Wie lautet Ihr Fazit für die bisherige Spielzeit?
Wir würden in der Tabelle gerne weiter oben stehen. Aber es ist uns bisher in dieser Saison nicht gelungen, so konstante Leistungen zu zeigen und zu punkten, wie wir es eigentlich wollten. Dennoch sind wir immer noch im Rennen und müssen uns nun auf die nächsten Spiele fokussieren, also zuerst auf das Duell am Sonntag in Magdeburg. Es geht darum, Spiel für Spiel zu nehmen, immer unsere beste Leistung abzurufen – und dann ist noch alles möglich.
Düsseldorf liegt auf Rang 3 einen Punkt vor euch, auf St. Pauli und Kiel beträgt der Rückstand neun beziehungsweise sieben Punkte. Ist der direkte Aufstieg dennoch weiterhin im Kopf, zumal es noch zu den Direktbegegnungen mit St. Paul und Kiel kommt?
In unseren Augen ist immer noch alles möglich, und auch wenn es abgedroschen tönt: Wir müssen uns immer auf das nächste Spiel konzentrieren und am Ende wird dann abgerechnet. Es ist nicht gut, bereits zu weit nach vorne zu blicken.
Hamburg, St. Pauli, Kiel dazu Hannover auf Rang 5 – im Norden Deutschlands muss aktuell ein riesiges Fussballfieber grassieren…
Es ist speziell, dass vier Klubs aus dem Norden aktuell um den Aufstieg kämpfen. Aber am Ende schauen wir nur auf uns und dass wir unser Ziel erreichen.
In den letzten beiden Jahren habt ihr am Aufstieg geschnuppert und seid dann in der Barrage an Hertha Berlin und am VfB Stuttgart gescheitert. Wie haben Sie das erlebt?
Es sind Erlebnisse, die weh tun, vor allem, wenn es zweimal hintereinander passiert. Im vergangenen Jahr war es noch krasser als 2022, weil wir am letzten Spieltag den Aufstieg schon so gut wie geschafft hatten, ehe Heidenheim mit zwei Toren in der Nachspielzeit das Spiel gegen Jahn Regensburg drehen konnte und uns so in die Barrage verwies. Und dort trafen wir auf einen sehr starken VfB Stuttgart. Wie bereits gesagt, schmerzt diese Erinnerung, gleichzeitig ist sie ein Ansporn, so etwas nicht mehr zu erleben und alles dagegen zu tun.
Der HSV ist Tradition, Fussballkultur und gehört in die Bundesliga. Einverstanden?
Absolut, da gibt es nicht dagegen einzuwenden!
Der Klub spielt aber seit 2018 nur in der 2. Liga. Was spricht dafür, dass dieser Aufstiegsfluch nun aufgehoben werden kann?
In erster Linie die Qualität unsere Mannschaft, unser Zusammenhalt sowie die Unterstützung unserer Fans, die immer da sind, auch wenn wir mal nicht so gute Leistungen zeigen. Es ist für uns sehr wichtig, diesen Support zu spüren. Ja, wir glauben alle daran, dass wir es schaffen können. Und mit dem Glauben kann man viel erreichen.
Sie haben offenbar auch stark an sich selber geglaubt, als Sie im Sommer 2021 nach Hamburg wechselten und sich nach einer anfänglichen Anpassungsphase einen Platz eroberten. Zudem haben Sie erst gerade bis 2027 verlängert. Ist der HSV der perfekte Klub für Sie?
So, wie es jetzt ist, passt es sehr gut. Ich musste mich zuerst ins Team reinkämpfen, habe dann meine Chance genutzt. Mittlerweile fühlt es sich wie gesagt sehr gut an – nun fehlt nur noch der Aufstieg, der unser grosses Ziel ist.
Mit Steffen Baumgart, einer charismatischen Persönlichkeit, haben Sie auch einen Coach, der das nötige Feuer einbringt. Wie erleben Sie ihn?
Er brennt definitiv für die Sache, ist extrem motiviert, kann die Mannschaft gut mitnehmen und mitreissen. Wir stehen alle hinter dem, was der Trainer von uns fordert. Wenn wir es schaffen, dies umzusetzen, bin ich sicher, dass wir den Aufstieg schaffen können.
Ihr Name wurde zuletzt regelmässig im Zusammenhang mit der Schweizer Nati thematisiert. Hat sich Murat Yakin schon gemeldet?
Darauf werde ich oft angesprochen, aber im Moment besteht kein Kontakt. Ich versuche einfach, meine Leistungen für den HSV zu bringen, und alles andere liegt nicht in meiner Macht. Aber klar, ich möchte natürlich unbedingt für die Nati spielen und die Schweiz vertreten.
Mit dem Aufstieg könnten Sie vielleicht den Weg an die EM im Sommer ebnen…
Dazu kann ich nicht viel sagen, sondern muss mich darauf konzentrieren, meine besten Leistungen zu zeigen.
Aber es wäre die Erfüllung eines grossen Traumes, nachdem Sie fast alle Nachwuchs-Nationalteams durchlaufen haben, oder?
Es ist selbstverständlich ein riesiger Traum. Welcher Fussballer möchte nicht sein Land an einem solchen Turnier vertreten?